Verschiedene Systeme – unterschiedlich viele Elektroden
Zunächst unterscheidet man, ob Aggregate direkt unter der Haut oder unter der Muskulatur implantiert werden. Der klassische ICD wird bevorzugt unter der Haut (subkutan) bzw. auf dem großen Brustmuskel implantiert und sucht den Zugang zur rechten Herzkammer mittels Elektroden über das Venensystem. Die vena cephalica und die V. subclavia sind dazu gut geeignet und man kann durch sie je nach Schrittmachersystem bis zu drei Elektroden zum Herzen führen. Bei einem S-ICD bleiben das Herz und die Blutgefäße hingegen unberührt, weil sowohl das Aggregat als auch die Elektrode direkt unter der Haut (subkutan) eingesetzt wird.
Bei den IDC unterscheidet man drei verschiedene System-Typen: den Einkammer-ICD mit einer Elektrode in der rechten Herzhauptkammer (Ventrikel), den Zweikammer-ICD mit zwei Elektroden, im rechten Vorhof und im rechten Ventrikel sowie den sog. CRT-ICD (drei Elektroden). Letzterer ist eine technische Weiterentwicklung, bei dem eine weitere Elektrode über die kleinen Herzvene seitlich auf das Herz an die linke Herzkammer vorgeschoben wird. CRT-ICD bedeutet Cardialen Resynchronisations-Therapie und ist eine spezielle Schrittmachertherapie für Patienten, bei denen neben einer schweren Herzschwäche (Herzinsuffizienz) auch noch einen Linksschenkelblock vorliegt, dieser führt nämlich zu einer verspäteten Kontraktion der linken Herzkammer, was zu einem asynchronen Kontraktionsmuster führt. Das Dreikammer-System kann nun wieder beide Herzkammern zeitgleich (also synchron) aktivieren, so dass wieder eine synchrones Kontraktionsmuster beider Herzkammern vorliegt. Neben einer häufig deutlich gebesserten Pumpfunktion des Herzens und damit verbundenen gesteigerter Belastbarkeit kommt es auch zu einer Verbesserung der Prognose des Patienten.
Bevor Dr. Lieder auf konkrete Probleme infolge von Defi-Implantationen einging, erläuterte er den Teilnehmer_innen zahlreiche statistische Kennzahlen aus dem Deutschen Herzbericht sowie anderen Studien. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Komplikationen nach ICD-Implantationen eher selten sind und tödliche Komplikationen eine Rarität. Systeme wie der CRT-ICD seien für viele Patienten zwar eine enorme therapeutische Errungenschaft, aber aufgrund ihrer Komplexität auch anfälliger. Die häufigsten Komplikationen seien Nachblutungen, die keine operative Versorgung nach sich zögen sowie Elektrodenverschiebungen. Zu den häufigsten späten Komplikationen zählen Funktionsstörungen der Elektroden sowie Infektionen. Die meisten Komplikationen werden während der Routineuntersuchungen nach der Operation sicher erkannt und meistens sicher behoben. Auf folgende Phänomene ging Dr. Lieder dann noch besonders ein, bevor er sich den zahlreichen Fragen der Teilnehmer_innen stellte:
Infektionen
Nach einer Implantation kann es zu bakteriellen Infektionen in der Aggregattasche oder der Elektroden kommen. Diagnostiziert wird eine Infektion der Aggregattasche meist aufgrund von Symptomen wie Schwellungen oder Hautrötungen. Infizierte Elektroden gehen meist mit Fieber und systemischen Entzündungszeichen einher. Während man die Infektionen an der Aggregattasche recht einfach diagnostizieren kann, benötigt man für die Diagnose von Infektionen an den Elektroden oder den Herzklappen eine Blutuntersuchung und ein Ultraschalluntersuchung des Herzen (Echokardiographie). In einigen Fällen ist zusätzlich die Durchführung eines sog. „Schluckecho“ notwendig. Dies ist eine spezielle Form der Echokardiografie (Transösophageale Echokardiographie), bei dem eine Ultraschallsonde in die Speiseröhre eingeführt wird.
Sollte sich der Verdacht auf eine Infektion des ICD/Schrittmachersystem bestätigen, muss umgehend das gesamte System entfernt und erst nach einer Antibiotika-Medikation und einer angemessenen Pause neu implantiert werden. Bei Elektroden, die schon etwas länger implantiert sind, kann es technisch schwierig sein, sie zu entfernen. Deshalb sollte die Entfernung eines ICD-Systems unbedingt in speziellen Zentren von erfahrenen Kardiologen vorgenommen werden und für alle Fälle grundsätzlich ein Herzchirurg bereitstehen.
Elektrodenprobleme
Zu den häufigeren Probleme nach Implantation gehören die frühen Sondendislokationen – also das Ablösen der Elektroden von der Herzwand trotz zunächst erfolgreicher Fixierung durch eine kleine Schraube oder einen Anker an der Elektrodenspitze. In diesen Fällen muss die gelöste Sonde in einer zweiten Operation wieder an der ursprünglichen Stelle verankert oder angeschraubt werden.
Kennen Sie das Phänomen, wenn man ein Möbelstück zusammenbaut und an einer Stelle eine Schraube verwendet, die einen winzigen Tick zu lang ist? Sie dringt durch eine glatte Oberfläche und verletzt sie. Dasselbe kann passieren, wenn eine Elektrode zu tief in der Herzwand fixiert wurde. Dadurch kann Flüssigkeit (Blut) in den Herzbeutel sickern, die Medizin bezeichnet das als Perikarderguss, der durch eine Punktion entlastet werden muss. Wenn die Elektrode komplett durch die Herzwand gedrungen ist, muss diese Fehllage durch eine erneute Operation korrigiert werden.
Eine weitere, seltenere Ursachen für eine Fehllage der Elektroden im Herzen ist das Twiddler-Syndrom. Es kann entstehen, wenn Patienten – bewusst oder unbewusst – immer wieder an der Implantationsstelle herumdrücken und damit dafür sorgen, dass sich das Aggregat um seine eigene Achse dreht und die Elektrode dadurch zu einer Art Knäuel „aufwickelt“. Dr. Lieder zeigte einen Fall, bei dem sich die Elektrode viele Male verwickelt hatte. Twiddler-Syndrome können außerdem entstehen, wenn ein Patient ein lockeres subkutanes Fettgewebe hat, in dem das Aggregat nicht fest genug angenäht worden ist. Das Subclavia-Crush-Syndrom wiederum bezeichnet den Bruch einer Elektrode zwischen dem Schlüsselbein (clavicula) und der ersten Rippe. Dieser Schaden entsteht häufig erst nach vielen Jahren und wird dann durch die Implantation einer neuen Elektrode behoben, häufig wird die alte Elektrode „stillgelegt“ und mit einer Kappe versehen im Körper belassen.
Text und Bild: Birgit Schlepütz
Quellen:
Vortrags-Charts Dr. Frank Lieder
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