Andree Kues kennt solche Momente. Der 48-jährige Berufsfeuerwehrmann und Krankenpfleger hat in seiner Laufbahn viele solcher Einsätze erlebt. Als Wachabteilungsleiter einer Feuerwehr weiß er: Bei einem Herzstillstand zählt jede Minute. „Im ländlichen Raum brauchen Einsatzkräfte im Durchschnitt zwölf Minuten, bis sie beim Patienten ankommen. Und auch in Städten wie Münster sind es immerhin noch acht“, sagt er. Ohne sofortiges Handeln sinkt die Überlebenschance mit jeder Sekunde.

Erkennen – und nicht zögern

Andree Kues Reanimationsübung mit zwei Teilnehmern des Gesprächskreises© Defi-Liga e.V.Am Anfang steht immer die Prüfung: Ansprechen, rütteln, Reaktionen prüfen. Bleibt eine Antwort aus, folgt die Kontrolle des Mundraums. Hat sich der Mensch vielleicht an etwas verschluckt? Ist dies nicht der Fall und der Atem ist weder zu spüren noch zu hören, noch zu sehen, ist schnelles Handeln umso wichtiger. Zuallererst heißt dies, die 112 zu wählen – oder noch besser: eine Person gezielt ansprechen und damit beauftragen. „Wenn man nur in die Runde ruft, dass jemand Hilfe holen soll, kann es sein, dass sich am Ende niemand zuständig fühlt“, warnt Andree. Hat jemand die Notrufzentrale erreicht, ist es wiederum wichtig, sofort den Standort zu übermitteln und das Telefon auf „laut“ zu stellen. So kann der Rettungswagen sofort auf den Weg geschickt werden und die Mitarbeitenden in der Notrufzentrale können die Reanimation so lange begleiten, bis die Rettungskräfte vor Ort sind. Das ist insbesondere wichtig, wenn man mit einer leblosen Person alleine ist.

Drücken statt abwarten

Die heutigen Leitlinien zur Ersten Hilfe sind eindeutig: Wer helfen will, soll sofort mit der Herzdruckmassage beginnen – und zwar auf einem festen Untergrund. Liegt ein Mensch also auf einer Couch, auf dem Bett oder in einem Strandcafé auf einer Liege, muss er zunächst auf den Boden gelegt werden. Der Grund? Die Herzdruckmassage wirkt sonst nicht, weil der Widerstand durch den weichen Untergrund zu schwach ist. Die Hände werden auf das Brustbein zwischen den Brustwarzen gelegt, die Arme gestreckt, der Oberkörper ist möglichst senkrecht über dem Patienten. Dann heißt es, kräftig drücken. Fünf bis sieben Zentimeter tief, mindestens 100mal pro Minute. Das klingt anstrengend – und ist es auch.

Update:
Früher war die Beatmung fester Bestandteil einer Wiederbelebung. Heute ist sie das nicht mehr. Wer nicht geübt ist oder sich unsicher fühlt, konzentriert sich ausschließlich auf das Drücken. „Das Wichtigste ist, dass das Herz wieder in Bewegung kommt. Drücken rettet Leben“, betont Andree Kues. „Hinzu kommen die Erfahrungen aus der Pandemie, in der eine Mund-zu-Nase-Beatmung schlicht gefährlich war. Für alle, die sich die Mund-zu-Nasen-Beatmung dennoch zutrauen gilt: 30mal drücken, 2mal beatmen.

Tipp:
In vielen Apotheken kann man kleine Schlüsselanhänger kaufen, in denen sich eine Maske befindet.

Der „Laien-Defi“– ein Helfer, der spricht

Eine entscheidende Rolle bei der Reanimation kann der Automatisierte Externe Defibrillator (AED) spielen – sofern einer in der Nähe ist. In den Niederlanden hängen solche „Laien-Defis“ längst in vielen Geschäften, Bahnhöfen oder Sportstätten. In Deutschland sieht man sie zwar häufiger als noch vor einigen Jahren, doch flächendeckend sind sie nicht vorhanden. Dabei ist seine Bedeutung kaum zu überschätzen: Nur ein Defibrillator kann das gefährliche Kammerflimmern wirksam unterbrechen.

Für den Laien ist die Handhabung denkbar einfach: einschalten und den klaren Anweisungen des Geräts folgen. Sobald die Elektroden auf dem Körper einer leblosen Person angebracht sind, analysiert der AED den Zustand des Herzens. Kommt die Analyse – die einige Sekunden dauert – zu dem Ergebnis, dass ein Schock notwendig ist, folgen weitere Anweisungen: Bei halbautomatischen Geräten drückt der Helfer oder die Helferin den Schockknopf, bei vollautomatischen übernimmt das Gerät selbst. Während der Schockphase darf niemand die leblose Person berühren. Unmittelbar nach dem Schock gilt jedoch: keine Pause, sofort weiterdrücken. Nach zwei Minuten erfolgt dann eine erneute Analyse.

Tipp:
Nicht immer haftet die Elektrode auf Anhieb. Schweiß oder Brusthaare können Probleme machen. Deshalb liegt in den meisten AED-Sets ein Rasierer und ein Tuch bereit. Auch die Umgebung muss stimmen: niemals auf nassem Boden oder Metallflächen defibrillieren – Sicherheit geht vor.

Nach all dem Input, den Andree Kues nicht nur durch seine packende Erzählweise, sondern auch ganz praktisch an der „Erste-Hilfe-Puppe“ veranschaulichte, hieß es dann: „So. Dann proben wir mal den Ernstfall. Freiwillige vor.“ Zwei Männer fanden sich, später kam eine Frau hinzu. Engagiert stellten sie eine Rettungsszene nach, während Andree Kues als „Mann in der Notrufzentrale“ die Reanimation inklusive des AED begleitete. So viel war am Ende klar: Bei einer Reanimation greifen viele kleine Schritte ineinander – und zwei Minuten Herzdruckmassage sind wirklich anstrengend. Doch wenn es darum geht, Leben zu retten, rückt das schnell in den Hintergrund. „In aller Regel funktionieren die Helfenden in einer echten Notsituation erstaunlich gut. Das körpereigene Stresshormon Adrenalin sorgt in solchen Situationen für eine gute Fokussierung auf das Wesentliche. Das Einzige, was Sie als Laien falsch machen können, ist, nicht zu helfen“, sagt Andree Kues. Zum Abschluss appellierte er deshalb an alle, ihre Erste-Hilfe-Kurse regelmäßig aufzufrischen. „Sie gewinnen dadurch Sicherheit, die lebensentscheidend sein kann.“ Klaus Lampenschulten, der den Gesprächskreis seitens der Defi-Liga moderiert hatte, konnte sich dem nur anschließen und dankte Andree Kues unter großem Applaus für diesen wunderbar praxisnahen Nachmittag.

 

Infomaterial zum Downloaden

Poster "Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Erwachsener (BLS) Step-By Step"

© Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) e.V.

Postkarte "PRÜFEN - RUFEN - DRÜCKEN."

© Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) e.V.