Historie der Entwicklung

Warum der S-ICD® nach 30 Jahren der erfolgreichen Therapie mit den „klassischen“ ICD überhaupt entwickelt wurde, hat mehrere Gründe: Nicht nur die Lebenszeit implantierter Elektroden ist begrenzt. Es ist auch nicht einfach, sie wieder zu entfernen, so dass die Zahl möglicher Neuimplantate ebenfalls begrenzt bleibt. Zudem belegen Studien, dass transvenöse Systeme aus diesen Gründen durchaus mechanische und infektiöse Komplikationen mit sich bringen. Die erste Publikation zum S-ICD®, an der rund 30 Wissenschaftler beteiligt waren, erschien 2010 im New England Journal of Medicine. Zu dieser Zeit gab es unterschiedliche Varianten über die optimale Lage von Aggregat und Elektrode. Mittlerweile wird die Wirksamkeit des S-ICD® von zahlreichen klinischen Daten, laufenden oder abgeschlossenen Studien mit mehr als 4.000 Patienten sowie von Erfahrungen aus 10 Jahren gestützt. Im Universitäts-Krankenhaus Münster (UKM) implantierte man am 1. Juni 2010 den deutschlandweit ersten S-ICD® und hat dort seither über 300 weitere S-ICD® implantiert. Das Aggregat implantiert man in der Axillarlinie etwas unterhalb der Brust und tunnelt die Elektrode unter der Haut bis zum linken Rand des Brustbeins und an diesem entlang. Die Elektrode selbst ist sehr robust, da sie mit Polyurethan ummantelt ist. Außerdem besitzt der S-ICD® eine etwa 8 cm lange Schockwendel, die zwischen zwei Wahrnehmungspolen sitzt.

Aspekte während der Implantation von S-ICD® oder ICD

Bei der Gegenüberstellung der operativen Aspekte ist zunächst relevant, dass für die Implantation eines S-ICD® kein Gefäßzugang nötig ist. Das Aggregat ist ohne Röntgen oder Durchleuchtung implantierbar und die Gefahr von Komplikationen wie Perikardergüssen oder Pneumothorax während der OP sind nicht gegeben. Zudem ist das Aggregat leicht wieder zu entfernen. Treten einmal Infektionen auf, bergen sie nicht das Risiko einer Herzklappenentzündung (Endokarditis). Anders ist dies bei der Implantation eines ICD. Hier ist ein Gefäßzugang nötig – der im Langzeit-Verlauf die Gefahr eines Gefäßverschlusses (Thrombose) birgt. Um das Aggregat zu implantieren, müssen Patienten zwingend geröntgt werden. Während der Operation besteht außerdem die Möglichkeit, dass Gefäße oder die Lunge verletzt oder perforiert werden. Anders als beim S-ICD® sind beim transvenösen ICD im Langzeit-Verlauf die Elektroden nicht leicht zu entfernen. Treten Infektionen auf, können sie zum Teil schwerwiegend werden.

Die unterschiedlichen Funktionen von ICD und S-ICD®

Betrachtet man die Funktionsweise der beiden Aggregate, leistet der transvenöse ICD gegenüber dem S-ICD® mehr: Ein transvenöser ICD hat zum Beispiel immer auch eine Schrittmacherfunktion. Zudem kann er schmerzlos überstimulieren. Bekannt ist diese Funktion unter dem Begriff antitachykardes Pacing = ATP. Die dritte Funktion des ICD ist wichtig für Patienten mit Herzinsuffizienz: Die kardiale Resynchronisations-Therapie, kurz CRT. Sie synchronisiert die Aktionen beider Herzkammern - vor allem wenn ein Linksschenkelblock vorliegt. Über diese drei Stimulationsmöglichkeiten verfügt der S-ICD® nicht. Er ist lediglich mit einer Notfall-Schrittmacher-Funktion für wenige Sekunden nach dem Schock ausgestattet. Allerdings gibt es Entwicklungen, kleine, solitäre Schrittmacher direkt in die Herzkammer zu implantieren, so dass auch Patienten mit Schrittmacher-Bedarf künftig von einem S-ICD® profitieren könnten. Dies ist insofern von Bedeutung, da Vergleichsstudien zeigen, dass die Patientenzufriedenheit mit den S-ICD® gut ist. Sie fühlen sich trotz der sichtbaren Lage des S-ICD® gegenüber dem transvenösen ICD weder physisch noch psychisch in ihrer Lebensqualität eingeschränkt.

Zum Abschluss: Die Vorteile und Nachteile im Überblick

S-ICD®

Transvenöser ICD

Bei der Implantation eines S-ICD® ist kein Gefäßzugang nötig.

Der transvenöse ICD besitzt eine Schrittmacher- und eine ATP-Funktion

Das Aggregat des S-ICD® kann ohne Röntgen oder Durchleuchtung implantiert werden

Es besteht die Möglichkeit, den transvenösen ICD mit der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) zur Behandlung der Herzinsuffizienz  zu kombinieren

Bei der Implantation eines S-ICD® besteht keine Gefahr von bestimmten operativen Komplikationen wie Perikarderguss oder Pneumothorax

Bei dem transvenösen ICD ist kein präoperatives Screening erforderlich

Der S-ICD® ist einfach zu entfernen

Mit dem transvenösen ICD hat man über 30 Jahre Erfahrung

Kommt es zu Infektionen am S-ICD®, bergen sie kein Risiko einer Herzklappenentzündung (Endokarditis)

Der transvenöse ICD hat kürzere Ladezeiten mit einer entsprechend schnelleren Schockabgabe

 

Text: Birgit Schlepütz
Foto: Ilona Kamelle-Niesmann

Quelle: Vortrags-Charts von Dr. Julia Köbe