Zusammenfassend bleibt von diesem interessanten Abend festzuhalten, dass der ICD eine ganze Menge kann: Vorrangig hilft er der Notfallbehandlung von Kammertachykardien und Kammerflimmern, um den Plötzlichen Herztod zu vermeiden. Richtig eingestellt, kann er ICD-Patienten auch dabei helfen, Herzrhythmusstörungen frühzeitig und differenziert zu erkennen. Um das Fortschreiten einer Herzschwäche, Schlaganfällen und längeren Krankenhausaufenthalten möglichst entgegenzuwirken, betonte Dr. Reiner immer wieder, wie wichtig es sei, die jeweilige Grunderkrankung sowie zusätzliche Rhythmusstörungen des Vorhofs konsequent zu therapieren. Medikamentös eignen sich dazu insbesondere Betablocker, die nachweislich als einzige Medikamentengruppe dem Plötzlichen Herztod vorbeugen können. Häufig wird zudem auf das Medikament Amiodaron zur Unterdrückung von Herzrhythmusstörungen zurückgegriffen. Eine medikamentöse Herzschwächetherapie und eine Blutverdünnung (orale Antikoagulation) sind weitere Bausteine der Therapie. Und schließlich kann auch die Ablationstherapie dabei helfen, Rhythmusstörungen des Vorhofs wie der Hauptkammer zu behandeln und dadurch Schockabgaben zu vermeiden.
Das ICD begründende Ereignis
Doch zunächst stand auf Dr. Reiners Agenda ein statistischer Überblick darüber, aus welchen Gründen in Deutschland immerhin zwischen 27.000 und 30.000 ICD´s (Defis) pro Jahr implantiert werden. Bei zwei von drei Patienten (65%) wird die Implantation bei bestehender Koronarer Herzkrankheit (KHK) oder nach stattgehabtem Herzinfarkt durchgeführt. Weitere 30 Prozent leiden an einer Dilatativen (DCM) oder seltener an einer Hypertrophen Kardiomyopathie (HCM), womit eine krankhafte Erweiterung oder Verdickung des Herzmuskels – besonders des linken Ventrikels – gemeint ist. In selteneren Fällen kann auch eine angeborene genetischen Erkrankungen (wie zum Beispiel das Brugada-Syndrom oder das long-QT-Syndrom) einen ICD begründen.
Für eine ICD-Therapie entscheiden sich Mediziner nicht nur zur Sekundär-Prophylaxe – also nachdem Patienten bereits anhaltende Kammerrhythmusstörungen erlitten haben. Mehrheitlich werden ICD heute vorsorglich implantiert (ca. 75%). Von dieser Primär-Prophylaxe profitieren insbesondere Patienten mit einer fortgeschrittenen Herzmuskelschwäche und einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen aus der Hauptkammer.
Der weitaus größte Teil der Patienten erhält einen 1-Kammer-ICD (70%), weitere 30 Prozent ein 2-Kammer-System. Um Patienten mit einer schweren Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) und einem sogenannten Linksschenkelblock besser behandeln zu können, werden außerdem jährlich etwa 9.000 sogenannte CRT-Geräte implantiert. Bei diesen 3-Kammergeräten wird zusätzlich zu einer rechten Vorhof- und rechten Herzkammerelektrode auch eine Elektrode in die linke Herzkammer (über den Koronarvenensinus) gelegt. Dadurch soll ein gestörtes Kontraktionsmuster insbesondere der linken Herzkammer verbessert werden.
Vorhofflimmern und seine Therapie
Vorhofflimmern ist die häufigste aller Herzrhythmusstörungen. Das Herz schlägt dabei unregelmäßig und meist beschleunigt. Im Gegensatz zum Kammerflimmern ist es jedoch nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Allerdings ist Vorhofflimmern eine per se fortschreitende Erkrankung, bei der es zunehmend schwierig wird, den normalen Sinusrhythmus des Herzens aufrecht zu erhalten. Vorhofflimmern tritt mit zunehmendem Alter häufiger auf, betrifft etwa 10-15 Prozent aller über 80-Jährigen sowie viele Menschen mit chronischer Herzschwäche und arterieller Hypertonie. Von allen ICD-Patienten sind etwa 20 bis 25 Prozent von Vorhofflimmern betroffen; bei CRT-Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz liegt der Prozentsatz bei mindestens 25 bis 30 Prozent.
Nicht nur jeder vierte Schlaganfall und jede zweite kardiale Embolie gehen auf Vorhofflimmern zurück – es wirkt sich auch negativ auf akute wie chronische Herzinsuffizienzen aus. Und schließlich erhöht es bei ICD-Patienten das Risiko von Fehlschocks. Das, so Dr. Reiner, gelte es unter anderem durch die Einstellung des ICD möglichst zu verhindern. Denn jeder Schock ist auch eine enorme Anstrengung für ein bereits krankes Herz. Um das Schlaganfallrisiko durch das Vorhofflimmern zu senken, nehmen Patienten deshalb Antikoagulantien, die der Blutgerinnung entgegenwirken (z.B. MarcumarTM, Eliquis TM, LixianaTM, PradaxaTM, oder XareltoTM). Außerdem Betablocker und Amiodaron (Cordarex TM) zum Erhalt des Sinusrhythmus und zur Regulierung der Pulsfrequenz.
Eine weitere Therapiemethode ist die Katheterablation. Bei Vorhofflattern ist sie unbedingt angezeigt, bei Vorhofflimmern je nach Grad der Erkrankung. Studien zeigen, dass die Katheterablation das Fortschreiten einer Herzinsuffizienz, die Gesamtsterblichkeit, die kardiovaskuläre Sterblichkeit sowie die Häufigkeit von Klinikeinweisungen senkt. Bei Vorhofflattern ist sie zu 95 Prozent erfolgreich und komplikationsarm. Bei Vorhofflimmern ist das Eingriff-Risiko zwar etwas höher und die Erfolgsquoten liegen mit 60 bis 70 Prozent unter denen bei Vorhofflattern; dennoch kann sich die Katheterablation auch bei Vorhofflimmern günstig auf eine Herzinsuffizienz auswirken und Fehlschock-Abgaben vermeiden helfen.
Schock, Überstimulation, Kardioversion:
Bei einem Kammerflattern schlägt das Herz zwischen 250 bis 300 Mal pro Minute, beim Kammerflimmern schlägt es sogar > 300 Mal. Kommt es dazu, gibt der ICD einen elektrischen Impuls (Schock) ab, um diese Erregung zu beenden. Eine Überstimulation (ATP) nimmt der ICD wiederum vor, um den Erregungskreis bei einer Kammertachykardie zu unterbrechen. Dabei schlägt das Herz mit einer Frequenz von 100 bis 250 Mal pro Minute. Sollten diese ATP nicht wirksam sein, kann ähnlich wie beim Kammerflimmern ein Elektroschock („Kardioversion“) die Kammertachykardie beenden.
Sondendefekte, als Kammertachykardien falsch eingeordnete schnelle Vorhofrhythmusstörungen oder ein sogenanntes „Oversensing“ externer Signale können zu unnötigen/ inadäquaten Schockabgaben führen. Während adäquate Schocks bei Kammertachykardien Leben retten können, sind inadäquat abgegebene Schocks primär eine Belastung für Herz und Organismus, die es zu vermeiden gilt. Dies kann gelingen, indem man den ICD auf den Patienten abgestimmt programmiert und auf verschiedene Erkennungs-Algorithmen zurückgreift. Auch eine Verlängerung der Erkennungszeiten kann eine Therapie nur kurz anhaltender Kammerrhythmusstörungen ohne Gefährdung der Patienten zurückhalten und so Schockabgaben vermeiden helfen.
Quellen:
Vortrags-Charts Dr. med. Christoph Reiner
www.wikipedia.de
www.grundkurs-ekg.de
www.apotheken-umschau.de
www.doccheck.com
www.kardionet.de
Text und Foto: Birgit Schlepütz