Die ersten Tage: Wundheilung als Basis

Zu Beginn richtete PD Dr. Burger den Fokus auf die Phase unmittelbar nach der Implantation. Als Grundlage für eine langfristig komplikationsfreie Patientensicherheit soll sie sicherstellen, dass die OP-Wunde gut verheilt und die Gerätefunktionen optimal eingestellt werden. Die wichtigste Regel dieser ersten Wochen lautet: Eine Wunde braucht Ruhe, Schutz und Hygiene – und zwar ohne Einsatz von Wasser und Seife. Wurden als Nahtmaterial Fäden verwendet, die sich nicht selbst auflösen, werden diese nach etwa 8 bis 10 Tagen in der Klinik entfernt. Bei selbstauflösendem Nahtmaterial ist dies nicht nötig. Was in jedem Fall zu tun bleibt, ist die regelmäßige Kontrolle der Wunde auf Rötungen, Schwellungen oder der Austritt von Sekreten – ein aktives Frühwarnsystem, das Patientinnen und Patienten bewusst nutzen sollten. Denn: Infektionen beginnen schleichend, weswegen Patientinnen und Patienten Warnzeichen wie Schmerzen, Fieber, Schüttelfrost oder eine plötzlich auftretende Schwäche keinesfalls ignorieren sollten. Mindestens zehn Tage sollte die Wunde auch nicht mit Wasser und Seife in Berührung kommen. Sogenannte Duschpflaster können dabei helfen, dies während der Körperhygiene zu gewährleisten.

Klare Bewegungsvorgaben

Nach der Implantation gilt: Keine schweren Lasten heben und für etwa zwei Wochen den Arm auf der Implantationsseite nicht über Schulterhöhe heben. Nach der vollständigen Wundheilung könne man mit einer Mobilisierung beginnen. PD Dr. Burger machte deutlich, dass diese Hebe- und Bewegungsvorgaben keine übervorsichtigen Empfehlungen seien. Sie seien vielmehr eine konkrete medizinische Strategie, damit durch zu frühe oder zu kräftige Bewegungen Elektroden oder Aggregat nicht verrutschen oder mechanisch irritiert werden.

Technische Nachsorge ist wichtig

Die erste Funktionskontrolle des Defis erfolgt bereits 24 bis 48 Stunden nach dem Eingriff. Dabei wird geprüft, ob die Elektroden korrekt sitzen, ob die technische Kommunikation funktioniert und ob der Defi eventuell nachprogrammiert werden muss. Außerdem erhalten jede Patientin und jeder Patient den ICD-Ausweis. Dieses Dokument kann im Alltag essenziell sein: an Flughäfen, bei Sicherheitskontrollen oder im Notfall. Es verhindert Missverständnisse und stellt sicher, dass medizinisches Personal korrekt reagieren kann.

Bei dieser Funktionskontrolle werden Patientinnen und Patienten zudem meist darüber aufgeklärt,

  • welche Funktionen ihr Defi hat
  • wie sie sich in Notfallsituationen verhalten sollen
  • wie sie mit elektromagnetischen Feldern (z. B. Magneten, Handys, Induktionsherden…) umgehen sollen
  • dass sie eine mindestens dreimonatige Fahrpause einlegen müssen.
  • dass sie Medikamente regelmäßig einnehmen sollen, um keine Rhythmusstörungen oder Herzbelastungen zu provozieren
  • welche Sportarten oder Bewegungen für sie möglich sind und dass sie Kontaktsportarten vermeiden sollen
  • dass herzgesunde Ernährung, Gewichtskontrolle, Rauchverzicht und moderate Bewegung ihre Lebensqualität verbessern.

Telemonitoring als Ergänzung zur Versorgung

Einen Schwerpunkt legte PD Dr. Burger auf das Telemonitoring, das er als heutigen Standard beschrieb. Unter Telemonitoring versteht man die Fernüberwachung von Gesundheitsdaten durch digitale Technologien. Für Menschen mit Defi bedeutet das: Einmal täglich sendet der Defi über ein Standgerät von zu Hause oder über eine Handyverbindung aktuelle Gerätedaten an die behandelnde Klinik oder die kardiologische Praxis. Dadurch lassen sich Auffälligkeiten wie etwa Arrhythmien oder auch Gerätestörungen erwiesenermaßen schneller erkennen – und unnötige Klinikbesuche auch besser vermeiden. Dies erhöhe die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und sei für viele ein wichtiger Baustein, um Vertrauen in das Gerät aufzubauen und Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen.

Für alle Patientinnen und Patienten gilt jedoch:

  • Telemonitoring ist eine zusätzliche Schutzmaßnahme und ersetzt nicht die regelmäßige Defi-Kontrolle in der Klinik.
  • Nach einem Schock oder bei ungewöhnlichen Symptomen sollten Patienten unverzüglich Kontakt mit der Klinik oder der kardiologischen Praxis aufnehmen.

Kontinuierliche Langzeitbetreuung

Nach etwa sechs bis acht Wochen folgt eine erste umfassende Nachkontrolle, anschließend erfolgen die ambulanten Kontrolltermine im Turnus von drei bis sechs Monaten. Nach einer klinischen Untersuchung und dem Gespräch über auffällige Symptome oder Schockereignisse wird dabei der Defi „ausgelesen“, die Elektroden und die Batterie überprüft. Bei Bedarf wird auch die Programmierung des Defis angepasst. Von Zeit zu Zeit erhält der Defi zudem ein Software-Update.

  • Auch für die Zeit zwischen den regulären Kontrollterminen gilt: Bei Schockabgaben oder ungewohnten Symptomen nicht zögern, sondern bitte sofort melden. Sicherheit hat Vorrang, und Verzögerungen aus Höflichkeit oder Unsicherheit können unnötige Risiken erzeugen.

Seelische Gesundheit als Therapiefaktor

Ermutigend war auch Dr. Burgers Fazit, dass ein ICD nicht nur Leben retten, sondern auch ein gutes Leben ermöglichen soll. Viele Betroffene erleben nach der Implantation Sorgen: Angst vor Schockabgaben etwa oder Unsicherheiten im Alltag. Psychische Stabilität, betonte PD Dr. Burger, sei aber kein optionales „Extra“. Vielmehr beeinflusse sie maßgeblich, wie gut Patientinnen und Patienten mit dem ICD leben können. Daher seien offene Gespräche, professionelle Unterstützung und der Austausch mit anderen Betroffenen wichtige Bestandteile einer ganzheitlichen Versorgung.

Am Ende des Abends fasste PD Dr. Burger noch einmal zusammen, was moderne Versorgung im Kern ausmache: Ein Defi eröffne Menschen mit bestimmten Herzerkrankungen die Möglichkeit, Schritt für Schritt in ihren Alltag – etwa zu Mobilität, Arbeit oder auch sportlicher Aktivität zurückzukehren – vorausgesetzt, sie nehmen medizinische Empfehlungen ernst und nutzen die Nachsorge aktiv. Körperliche Heilung, technologische Präzision, verlässliche Betreuung und ein offener Umgang mit Sorgen bildeten dazu ein solides Fundament.

 

Text: Birgit Schlepütz

Quelle: Online-Gesprächskreis mit PD Dr. Burger sowie Vortrags-Charts