Welche Dokumente sind bei einer Reise wichtig?
Für alle Defi Patienten ist es besonders wichtig, entsprechende Dokumente mit auf die Reise zu nehmen. So sollten sie immer den aktuellen Arztbrief mit allen Diagnosen, Medikamenten und Allergien bei sich führen. Eine Medikamentenliste sollte alle Dosierungsangaben sowie die generischen Medikamentennamen sowie die Handelsnamen enthalten. Wichtig ist auch ein aktuelles 12-Kanal-EKG. Je nach Aggregat und Grunderkrankung sollte es mit und ohne Stimulation durch den Herzschrittmacher vorliegen. Ganz wichtig ist der Defi- oder der Herzschrittmacher-Ausweis. Dieser kann bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen vorgezeigt werden, so dass die Patienten nicht durch die Sicherheit-Gates gehen müssen, sondern manuell kontrolliert werden. Ebenso wenig dürfen der Marcumar-Ausweis oder der Ausweis für die neuen oralen Antikoagulantien fehlen. Leiden Patienten unter Allergien, ist auch der Allergiepass wichtig. Geht die Reise in ein Land, für das die Patienten Impfungen benötigen, gehört ein internationaler Impfpass ins Gepäck. Ein Nachweis über die Krankenversicherung erleichtert die Behandlung sowie den Zugang zu Medikamenten im Ausland und hilft im Notfall auch beim Rücktransport. Die Kreditkarte sollte vor der Reise für das entsprechende Land frei geschaltet werden und der Kreditrahmen sollte ausreichend sein.
Hilfreich ist, wenn diese Dokumente und Angaben nicht nur in deutscher Sprache vorliegen, sondern mindestens auch in englischer Sprache. Auch der internationale Führerschein ist wichtig. Achtung ist bei Ländern geboten, die neben dem Personalausweis auch einen Reisepass zur Einreise verlangen. Dieser muss teilweise sogar noch sechs Monate nach Reiseantritt gültig sein. Hilfreich ist auch, wenn der Patient eine Liste mit Krankenhäusern vor Ort bei sich führt, die über entsprechende Abfragegeräte verfügen. So kann er schnell versorgt werden.
Welche Medikamente sind wichtig?
Alle Medikamente sollten in ausreichender, mindestens aber in doppelter Menge mitgeführt werden – und zwar einmal im Reisegepäck und zum Zweiten im Handgepäck. So geraten Patienten nicht unter Druck, wenn ein Gepäckstück mit Verzögerung den Zielort erreicht. Für Flugreisen gilt, dass diese Medikamente auch außerhalb des 1-Liter-Beutels im Handgepäck mitgeführt werden dürfen. Allerdings müssen sie am Flughafen separat vorgelegt und kontrolliert werden. In Einzelfällen müssen Patienten die Notwendigkeit der Mitnahme im Handgepäck durch ein Attest des Arztes nachweisen. Das Auswärtige Amt gibt außerdem regelmäßig Richtlinien zur Einfuhr von Medikamenten heraus.
Wie steht es kurz nach einer ICD Implantation mit dem Reisen?
Wenn sie wollen, können Defi-Patienten auch bald nach einer OP bereits wieder reisen. Bereits 10 bis 14 Tage nach einer OP können die Fäden, sofern sie nicht resorbierbar sind, aus der OP-Wunde gezogen werden. Bis dahin sollte der Wundverband regelmäßig gewechselt werden und die OP-Wunde keinem direkten Wasserkontakt ausgesetzt werden. Auch den Arm auf der Seite der Implantation sollten sie für etwa zwei bis vier Wochen nicht über 90° heben. Das Risiko einer Infektion des Defi-Systems ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Um eine Infektion rechtzeitig zu erkennen, sollten Patienten deshalb darauf achten, ob die Haut spannt, überwärmt, errötet oder anschwillt. Auch Druck- und Bewegungsschmerzen sowie Fieber und Schüttelfrost können Anzeichen einer Infektion sein.
Die erste Aggregatkontrolle erfolgt kurz nach der OP, die zweite Kontrolle erst wieder nach ein bis drei Monaten und alle weiteren Kontrollen in Abständen von 6-12 Monaten. Ferner besteht bei manchen Patienten die Möglichkeit der telemedizinischen Aggregatkontrolle. Der Patient kann seinen Urlaub darauf ausrichten.
Urlaub in großer Höhe
Das Wandern in größerer Höhe ist immer sehr abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Höhen bis 1.500 m sind jedoch meist tolerabel. Bevor sich Defi-Patienten oder Schrittmacher-Patienten in große Höhe wagen und dort körperlich belasten, sollte vorher eine Vorstellung beim Arzt erfolgen. In diesem Rahmen keine z.B. ein Belastungs-EKG durchgeführt werden. Bei speziellen Anforderungen besteht die Möglichkeit der Durchführung eines Hypoxie-Tests in dem unterschiedliche Höhen simuliert werden. Zur Funktion von Defibrillatoren und Herzschrittmachern in einer Höhe über 5.000 m gibt es bislang keine gesicherten Studien.
Sonnen mit dem Defi?
Der ICD selbst nimmt beim Sonnenbaden keinen Schaden. Die Aggregatnarbe sollte jedoch vor Sonneneinstrahlung geschützt werden. Ist es nicht nur sonnig, sondern auch heiß, erweitern sich jedoch die Gefäße und es kann zu Kreislaufstörungen kommen.
Sonnen mit Cordarex® | Amiodaron?
Zahlreiche Patienten nehmen das Medikament Amiodaron (Cordarex®). Es trägt zur Photo-Sensibilisierung der Haut bei, so dass es bei 40% der Anwender zu Hautrötungen (Erythem) kommt. Andere wiederum entwickeln bei Sonneneinstrahlung eine violett-gräuliche Hautfarbe (Pseudozyanose). Amiodaron-Patienten sind deshalb besonders darauf angewiesen, ihre Haut vor zu viel Sonne zu schützen: durch Cremes mit hohen Lichtschutzfaktoren, schützende Kleidung und Aufenthalt im Schatten. Außerdem sollten sie Solarien meiden.
Reisethrombose
Eine Reisethrombose kann nicht nur bei ICD-Patienten auftreten. Jeder Mensch, der an Übergewicht leidet, raucht, die Pille nimmt, schwanger ist oder Krampfadern hat, sollte bei längeren Flügen oder sitzenden Reisewegen Acht geben. Manchmal reicht es, bequeme Kleidung zu tragen, ausreichend zu trinken und Alkohol während der Reise zu vermeiden. Leiden Patienten aber an Gerinnungsstörungen des Blutes, kardiovaskulären Erkrankungen oder einer Herzinsuffizienz, steigt ihr Thromboserisiko. Auch Menschen, die kürzlich operiert wurden oder in deren Familie tiefe Beinvenenthrombosen auftreten, sind potenziell gefährdet. Patienten mit einem hohen Risikopotenzial sollten mit ihrem Arzt besprechen, ob sie vorbeugend Medikamente einnehmen sollten, die ihre Blutgerinnung hemmen. Auch Kompressionsstrümpfe, regelmäßiges Bewegen der Beine, Aufstehen und Gehen in der Flugkabine, ein Gangplatz mit ausreichender Beinfreiheit und genügend Flüssigkeitszufuhr helfen, einer Reisethrombose vorzubeugen.
Was passiert bei der Flugreise mit unserem Körper?
In einer Flugzeugkabine wir der Luftdruck künstlich so gehalten, als befinde man sich auf einer Höhe zwischen 1.500 m und 2.500 m. Nicht nur Defi-Patienten müssen dann einen Luftdruckausgleich durch die Nasennebenhöhlen oder das Mittelohr machen, da es andernfalls zu einem Druckgefühl im Ohr oder auch Ohrschmerzen kommen kann. Weil auch der Sauerstoffgehalt der Luft in der Kabine niedriger ist, reagieren Patienten mit einer herz- oder lungenbedingten Grunderkrankung recht schnell mit Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Konzentrationsstörungen. Patienten mit einer Herzinsuffizienz leiden bei Flügen häufiger an Luftnot. Verschiedene medizinische Fachgesellschaften empfehlen daher bei bestimmten Patienten einen Hypoxie –Test vor Antritt der Reise. Er klärt, ob während des Fluges zusätzlich Sauerstoff zugeführt werden muss. Die körpereigenen Gase wiederum dehnen sich durch den niedrigen Luftdruck im Flugzeug um bis zu 30% aus. Die häufigsten Folgen sind Magenkrämpfe, Probleme mit dem Trommelfell und Kopfschmerzen. Um Komplikationen nach Operationen und anderen medizinischen Eingriffen zu verhindern, gibt es abhängig von dem jeweiligen Eingriff Empfehlungen, ab wann man wieder fliegen darf.
Stress
Zeitdruck oder Flugangst belasten nicht nur die Psyche, sondern aktivieren auch das sympathische Nervensystem. Dadurch gerät der Körper in eine Stresssituation, die sich wiederum verschlechternd auf eine Herzinsuffizienz auswirken kann. Auch die körperlichen Belastungen durch lange Wegstrecken, Sicherheitskontrollen oder schweres Gepäck sollten ICD-Träger_innen nicht unterschätzen.
Sport im Urlaub
Sport ist für viele ein wichtiger Bestandteil des Urlaubs. Auch Defi-Träger_innen müssen nicht darauf verzichten – sollten jedoch zuvor einen gründlichen medizinischen Check machen. Solange ein Infekt vorliegt, sollten sie grundsätzlich auf Sport verzichten. Empfehlenswert sind eher Ausdauersportarten wie Joggen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking. Auch Ballsportarten wie Tennis, Fußball, Golf oder Basketball sind nicht generell verboten. Nicht empfehlenswert sind Sportarten mit intensivem Körperkontakt oder Kampfsportarten. In jedem Fall sollte ein ICD auf die sportlichen Aktivitäten seiner Träger programmiert werden. Und in jedem Fall sollten Defi-Patienten mit ihrem Arzt besprechen, was für sie möglich ist. Gerade dann, wenn sie weitere Erkrankungen haben.
Dr. med. Sven Kaese arbeitet in der Abteilung für Rhythmologie des Departments für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Münster. Er besitzt die Zusatzqualifikationen „Reisemedizinische Gesundheitsberatung“ sowie „Gesundheitsförderung und Prävention“.
Hören Sie hier auch das Interview mit Dr. Kaese (mp3-Datei):
Text: Birgit Schlepütz
Fotos. Ilona Kamelle-Niesmann