Am 4. November 2022 gab es in der Akademie Franz Hitze Haus ein sehr freudiges und herzliches Wiedersehen. 16 Personen waren zum Selbsthilfe-Nachmittag gekommen, um gemeinsam mit Judith Riepegerste herauszufinden, wie sie Denkblockaden oder Vergesslichkeit vorbeugen oder damit umgehen können. Judith Riepegerste ist Ergotherapeutin im St. Marien Hospital in Lüdinghausen und hatte viele Übungen dabei, die man auch zu Hause in den Alltag integrieren kann. Denn Selbsthilfe ist immer auch Hilfe zur Eigenständigkeit – vor allem, wenn die nächste Praxis für Ergotherapie weit weg oder lange ausgebucht ist.
Lebenslanges Lernen
Erinnerungslücken, das lernten die Gäste des Gesprächskreises gleich, betreffen alle Generationen. Auch junge Menschen vergessen „dank“ automatischer Kalender, spachgesteuerter Anrufe oder Navigationshilfen Termine wie Geburtstage, Telefonnummern oder den Weg von A nach B. All diese modernen technischen Details empfinden wir häufig als sehr komfortabel. Es ist bequem, sich nicht so Vieles merken zu müssen. Und doch grenzt die Technik die verschiedenen Wege, unsere Merkfähigkeit zu trainieren, ein – zum Beispiel den Einsatz unserer unterschiedlichen Sinneskanäle. Jeder Mensch hat zudem unterschiedliche Prioritäten, was er im Gedächtnis behält. Der Eine kann sich Zahlen gut merken, eine Andere erinnert sich bestens an Namen. So selektiert jeder Mensch unterschiedlich. Die Fähigkeit zu lernen, hält jedoch ein Leben lang an.
Nicht alles ist Demenz
Die gute Nachricht ist: Vergesslichkeit muss nicht gleich ein Zeichen für eine Demenz sein. Ist sie allerdings diagnostiziert, können auch Menschen mit Demenz bei entsprechender Therapie länger eine gute Lebensqualität erfahren. Judith Riepegerste weiß dies aus eigener Erfahrung, da sie im St. Marien Hospital Lüdinghausen unter anderem Menschen mit Demenz betreut.
Belastungen von sich streifen
Zuletzt, aber nicht abschließend: Auch Hektik, Überbelastung oder traumatische Erlebnisse schmälern unsere Gedächtnisleistung. In diesen Fällen resultiert das Vergessen oft aus dem Verdrängen. Zu schmerzhaft war eine Erfahrung, zu belastend eine Diagnose. Gedankliche Fitness kann hier helfen, Stress, Übermüdung oder Belastungen von sich zu streifen. Gedankliches Gedächtnistraining ist also nicht nur Denk- und Gesprächsarbeit, sondern auch Körper- und Seelenarbeit.
Länger selbstbestimmt
Wer länger selbst und selbstbestimmt denken möchte, sollte regelmäßig trainieren: Notizen machen, Brücken bauen, bewusst und aktiv entspannen, Ruhe suchen, verschiedene Sinne einsetzen und möglichst eine positive Einstellung bewahren. Nach einigen praktischen Übungen für den Alltag beendete Judith Riepegerste den Nachmittag mit einem motivierenden Appell: „Seien Sie nicht so streng mit sich, wenn Sie einmal etwas vergessen – das ist absolut normal.“
Text: Birgit Schlepütz