Letzlich, so Herr Borghorst, gelte jedoch für Amiodaron, was für alle Arzneistoffe gelte: der Patient sollte im Dialog mit dem Arzt immer die Nebenwirkungen eines Medikaments mit seinen positiven Effekten ins Verhältnis setzen. Niemals sollte ein Patient allerdings – und das war Herrn Borghorst ganz besonders wichtig – die Medikation nach eigenem Ermessen absetzen.

In dieselbe Wirkstoffgruppe wie Amiodaron gehört auch Dronedaron. Dieses Medikament hat zwar weniger Nebenwirkungen, ist aber auch schwächer in seiner Wirkung. Prof. Dr. Lars Eckardt aus dem Beirat der Defi-Liga hat dies in unseren Patienteninformationen über den Wirkstoff Dronedaron ausgeführt.

Transparenz im Computer des Apothekers?

Gleich mehrfach ging es um die Frage, ob der Apotheker einen Überblick über alle Medikamente habe, die ein Patient einnehme. Zum Beispiel, um auf schädliche Wechselwirkungen hinweisen zu können. Grundsätzlich, so Herr Borghorst, sei es von Vorteil, wenn ein Patient eine Hausapotheke habe. Denn Apotheker, die ihre Patienten kontinuierlich betreuten, gewännen so einen wichtigen Überblick über die Medikamente. Patienten sollten sich außerdem niemals scheuen, den Apotheker bei Unsicherheiten einfach zu fragen.

Die Frage, ob das Kassen-Computersystem den Apothekern denn nicht helfe, konnte Herr Borghorst nur eingeschränkt bejahen. Es helfe zwar weiter, gleiche aber immer nur alle Medikamente miteinander ab, die ein Patient bei EINEM Einkauf mitnehme. Selbst ein zweiter Einkauf am selben Tag werde neu behandelt.

Abhilfe schaffe hier die sogenannte Kundenkarte. Anders als auf anderen Kundenkarten lassen sich darauf alle Medikamente speichern. Es handele sich bei der Kundenkarte in Apotheken also nicht ausschließlich um eine Rabattkarte, sondern um einen hilfreichen und empfehlenswerten Informationsträger. Außerdem warb Herr Borghorst dafür, dass Patienten dauerhaft zu einer Apotheke ihres Vertrauens gehen. Kennen Apotheker ihre Patienten, weil sie bei ihnen alle ihre Rezepte einlösen, können sie mitunter hilfreiche Hinweise zu Wechselwirkungen geben.

Grundsätzlich empfahl Herr Borghorst allen Patienten dringend, dass mindestens eine Person alle Medikamente kenne, die sie einnehmen müssen, bzw. einnehmen – auch solche, die rezeptfrei erhältlich seien. Wichtig sei es, so früh wie möglich schädliche Wechselwirkungen auszuschließen. Hier komme dem Hausarzt eine ganz entscheidende Rolle zu.

Lagerung und Einnahmezeiten von Medikamenten

Auch wenn Menschen regelmäßig viele Medikamente nehmen müssen, empfahl Herr Borghorst nicht, diese längere Zeit im Voraus aus ihren Blistern zu nehmen und in Dosierungsfächer umzufüllen. Zwar verstehe er den Wunsch der Patienten, anhand leerer Fächer kontrollieren zu können, ob sie ihre Medikamente bereits genommen hätten; er empfahl jedoch, Medikamente auf keinen Fall länger als eine Woche im Voraus in solche Fächer abzufüllen. Gerade dann nicht, wenn mehrere Medikamente in einem Fach ungeschützt zusammen liegen müssen. Denn sie können auch miteinander reagieren und ihre Wirkung dadurch verändern. So setze zum Beispiel eine Brausetablette alleine durch die normale Luftfeuchtigkeit Kohlensäure frei, auf die ein anderes Medikament dann reagieren könne. Andere Medikamente seinen wiederum lichtempfindlich und deshalb in spezielle – rote – Blisterfolie gehüllt.

Was die Einnahmezeiten betrifft, so empfahl Herr Borghorst, diese mit dem Arzt oder Apotheker zu besprechen – und sich für einen erfolgreichen Therapieverlauf möglichst an regelmäßige Zeiten zu halten. Kontinuität bei der Einnahme, so der Apotheker, sei in jedem Fall förderlich für die Therapie.

Außerdem sei zu beachten, dass einige Medikamente besser auf leeren Magen eingenommen würden, andere wiederum nach dem Essen. Wie wichtig das sei, machte Herr Borghorst am Beispiel von Tabletten deutlich, die resistent gegenüber Magensäure sind: Sie werden bei der Produktion extra mit einem schützenden Film versehen, der den Wirkstoff vor der zersetzenden Magensäure schützt. Nehme der Patient eine solche Tabletten erst nach dem Essen, "denke" diese Tablette , sie habe den Magen bereits verlassen, da ein Teil der Magensäure durch die Nahrung neutralisiert wurde und der Film sich deshalb auflöst. Auf diese Weise könne die restliche Magensäure dann trotzdem den Wirkstoff angreifen und dessen Wirkung schmälern.

Marcumar und Xarelto

Viele Patienten nehmen das Medikament Marcumar und so galten auch zahlreiche Fragen diesem Wirkstoff. Insbesondere, was Ersatzstoffe betrifft. Denn Marcumar ist zwar ein lang erprobter und hilfreicher Blutverdünner, hat aber aufgrund seiner chemischen Eigenschaften Therapie einschränkende Effekte. Nach Ersatzstoffen, so Herr Borghorst, werde seit Längerem geforscht – einige seien auch schon in der Anwendung. Zum Beispiel Xarelto, das man zunächst postoperativ zur Thromboseprophylaxe einsetzte. Mittlerweile wird es auch zur Dauertherapie eingesetzt – vor allem, weil es kurzfristiger absetzbar ist und so zum Beispiel Operationen kurzfristiger durchführbar sind. Der große Vorteil von Marcumar liege jedoch nach wie vor darin, dass man bei einer Über- oder einer Unterdosierung sehr gut gegnsteuern könne. Dies sei bei Xarelto nicht in demselben Maß gegeben.

Was tun, wenn das gewohnte Medikament nicht mehr verschrieben wird?

Seit der Reform der Krankenkassen müssen viele Patienten feststellen, dass ihr Arzt ihnen statt ihres gewohnten Medikaments plötzlich ein anderes verordnet hat. Da diese sogenannten Generika (Näheres lesen Sie im Tagungsbericht 2014 zur Rolle des Hausarztes) von den Krankenkassen als gleichwertiger Ersatz des Originals angesehen werden, müssen sie aus Kostengründen bevorzugt verschrieben werden – immer vorausgesetzt, sie haben zuvor eine Prüfung bestanden. Bei dieser Prüfung müssen sie nachweisen, dass die Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs nicht unter 80 % und nicht über 125% gegenüber dem Original liegt. Sie gelten dann als gleichwertig in ihrer Wirkung. Der Arzt muss dann das preiswertere Medikament verschreiben. Außerdem schreiben die Krankenkassen die Preise für die Wirkstoffe in regelmäßigen Abständen neu aus. Der Hersteller mit dem größten Rabatt bekommt dann den Zuschlag (Rabattverträge). So kann es dazu kommen, dass ein Patient im Laufe seiner Therapie zwar nicht den Wirkstoff, aber häufiger einmal das Medikament wechseln muss.

Seit Dezember 2014 gilt allerdings die sogenannte Substitutionsausschlussliste. Sie enthält 9 Wirkstoffe, die so besonders sind, dass es bei ihnen die Toleranzschwelle der Generika nicht geben darf. Ab sofort dürfen deshalb folgende Arzneimittel, die einen der gelisteten Wirkstoffe in einer der aufgeführten Darreichungsformen enthalten, in der Apotheke nicht mehr durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Arzt keinen »aut idem« Vermerk gesetzt hat und/oder ein Rabattvertrag besteht. Auch bei pharmazeutischen Bedenken darf der Apotheker die Herstellerfirmen nicht eigenmächtig tauschen.

  1. Betaacetyldigoxin (Tabletten)
  2. Ciclosporin (Lösung zum Einnehmen)
  3. Ciclosporin (Weichkapseln)
  4. Digoxin  (Tabletten)
  5. Digitoxin  (Tabletten)
  6. Levothyroxin-Natrium (Tabletten)
  7. Levothyroxin-Natrium + Kaliumiodid (fixe Kombination)
  8. Phenytoin (Tabletten)
  9. Tacrolimus (Hartkapseln)

Trotz der attestierten gleichen Wirkung von Generika kann es beim Patienten zu Unverträglichkeiten kommen. Dem Arzt – und in der Folge auch dem Apotheker – bleiben in diesen Fällen nur geringe Handlungsspielräume, um dennoch Originalpräparaten zu verschreiben oder auszugeben.

  • So kann der Arzt eine »aut idem« Notiz auf dem Rezept vermerken. Damit stellt er sicher, dass ein Patient nur das Originalpräparat erhalten soll. Allerdings muss der Arzt diese »aut idem«-Verordnungen vor den Krankenkassen regelmäßig begründen.
  • Nimmt ein Patient täglich 5 oder mehr Medikamente ein, spricht man von einer Polypharmazie. Gerade für solche Patienten ist es wichtig, dass sie stabil auf ihre Medikamente eingestellt sind. Denn diese reagieren miteinander uns stehen in einem fragilen Wechselsystem. Damit das nicht ins Wanken gerät, können Patienten in manchen Fällen erreichen, dass man ihnen konstant dieselben Medikamente verordnet. Dies müssen nicht immer die Originalpräparate sein – wichtig ist, dass die Konstellation gleich bleibt. Denn auch Generika können untereinander ersetzt werden. Zum Beispiel dann, wenn die Krankenkasse im Zuge der Verhandlungen über die Medikamentenpreise die Herstellerfirmen wechselt.
  • Der Apotheker kann dem Patienten nur dann ein Originalpräparat aushändigen, wenn er das verschriebene Generikum zum Zeitpunkt der Rezepteinlösung nicht auf Lager hat – der Patient das Medikament jedoch unmittelbar benötigt. Wie der Arzt, der ein »aut idem« Rezept ausstellt, muss der Apotheker aber diese Entscheidung vor der Krankenkasse rechtfertigen.
  • In einigen Fällen können die Patienten selbst mit den Krankenkassen vereinbaren, die Differenz zwischen dem Preis des Generikums und dem Originalmedikament selbst zu tragen. Geht die Krankenkasse auf eine solche Vereinbarung ein, kommen auf den Patienten aber zusätzliche Bearbeitungsgebühren zu. Außerdem wird die Zuzahlung nicht seinem finanziellen Anteil, sondern dem der Krankenkasse zugerechnet.
  • Schließlich steht es jedem Patienten natürlich auch offen, sein Wunschmedikament zu erhalten, wenn er die Kosten dafür ganz trägt.